Erste Eindrücke von „Hanna“, „Bedrag III“, „8 Tage“ und „False Flag II“
Ich war letzte Woche für einige Tage auf der Berlinale. Dort kommen ja inzwischen nicht nur Filmfans auf ihre Kosten, sondern auch Serienjunkies. Im Rahmen der Sektion „Berlinale Series“ sind seit 2015 auch Serien Teil des Berlinale-Programms. So feierte u.a. die deutsche Produktion 8 Tage am vergangenen Mittwoch ihre Weltpremiere im Zoo Palast.
8 Tage stand auch auf meiner Liste, daneben die neue britische Serie Hanna, die dritte Staffel der dänischen Serie Bedrag und die zweite Staffel von False Flag, einer Produktion aus Israel. Gezeigt wurden jeweils die ersten beiden Folgen, was mir aber durchaus für einen ersten Eindruck ausreichte und vor allem für die Entscheidung, welche dieser Serien ich weitergucken möchte. Hier sind meine Gedanken dazu.
Hanna
Hanna (Esmé Creed-Miles) lebt mit ihrem Vater (Joel Kinnaman, Altered Carbon) in einem Wald irgendwo in Osteuropa. Andere Menschen kennt sie nicht, ihr Vater hat sie völlig von der Außenwelt isoliert und ihr nicht nur das Jagen, sondern auch das Kämpfen und Töten beigebracht. Als die Menschen, vor denen Hannas Vater seine Tochter zu beschützen versucht, sie in ihrem Versteck aufspüren, müssen Vater und Tochter fliehen, werden auf der Flucht jedoch voneinander getrennt. Die 14jährige ist auf sich allein gestellt und muss sich auf eigene Faust zurechtfinden – in einer Welt, in der sie sich nicht auskennt, aber mit der Fähigkeit, sich selbst zu verteidigen. Ein Ziel hat ihr Vater ihr mitgegeben: Die Frau ausfindig zu machen, die ihre Mutter auf dem Gewissen hat, und sie zu töten.
Wem die Geschichte bekannt vorkommt: Hanna basiert auf einem gleichnamigen Film aus dem Jahr 2011. Den habe ich leider nicht gesehen, sonst hätte ich vielleicht geahnt, was auf mich zukommt. Die Serie ist stellenweise sehr brutal – zu brutal für meinen Geschmack – und wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre sie wohl eher nicht auf meiner Watchlist gelandet. Die ersten beiden Folgen haben nun aber mein Interesse geweckt. Irgendwie möchte ich jetzt wissen, was es mit der Versuchseinrichtung auf sich hat, aus der ihre Eltern Hanna als Säugling befreit haben. Was hat man Hanna dort angetan? Warum ist ihre DNA nicht normal? Wer genau ist Marissa Wiegler (Mireille Enos, The Killing), die hinter Hanna her ist und die diese nach dem Willen ihres Vaters töten soll?
Zum Glück hält sich die Gewalt aber in Grenzen und es gibt auch durchaus unterhaltsame Momente. Hierfür sorgt insbesondere Sophie (Rhianne Barreto), die mit ihrer Familie Urlaub in der Wüste macht, wo sie auf Hanna trifft, die dort gerade aus den Fängen von Wiegler entkommen ist. Sophie ist wie Hanna ein Teenager und zwischen den beiden Mädchen entwickelt sich eine zarte Freundschaft. Es deutet sich an, dass Hanna durch Sophie viel über das Leben lernen kann – über das normale Leben, ohne Kampf und Flucht.
Hanna erscheint am 29.3. bei Amazon Prime.
Bedrag III
Eine dänische Serie, an der einer der Autoren von Borgen mitgewirkt hat, die musste natürlich auf meine Liste. Gehört hatte ich von Follow the Money, so der englische Titel, bereits, aber bislang war sie nie auf meinem Radar aufgetaucht, wahrscheinlich weil sie in Deutschland bisher nicht gezeigt wurde. Insofern war ich ein wenig überrascht zu erfahren, dass in diesem Jahr auf der Berlinale bereits die 3. Staffel vorgestellt wurde.
Es geht um Drogenhandel, Geldwäsche und Personen auf beiden Seiten des Gesetzes. Einerseits ist da der Polizist Alf (Thomas Hwan), der unter Schlafstörungen leidet und sich nicht anders zu helfen weiß, als sich bei eben den Dealern illegal mit Schlafmitteln zu versorgen, die er eigentlich einsperren soll. Auf der anderen Seite befindet sich Nicky (Esben Smed), der für einen größeren Boss im Hintergrund Drogenhandel und Geldwäsche organisiert und sich dabei übernommen hat. Und dann ist da die Bankangestellte Anna (Maria Rich), die in ihrem Job und ihrer Ehe frustriert ist. Am Ende der zweiten Folge deutet sich an, dass sie sich in Geldwäschegeschäfte verwickeln lassen wird.
Bedrag ist typisches Nordic Noir, durchaus spannend und dicht erzählt, wie man es von skandinavischen Krimiproduktionen kennt. Dass ich nach dem Verlassen des Kinos nicht sofort gegoogelt habe, wo ich die Serie weitergucken kann, liegt vor allem daran, dass keine der Figuren mich wirklich gefesselt hat. Sie sind alle gut erzählt, aber bei keiner bzw. keinem von ihnen interessiert es mich, wie ihre Geschichte weitergeht. Das mag daran liegen, dass zwei der Figuren bereits in Staffel 1 und 2 dabei waren, die ich nicht gesehen habe und daher nicht kenne. Vielleicht ist mein Bedarf an eher düsteren skandinavischen Krimiserien derzeit aber auch einfach gedeckt. Trotzdem werde ich ein Auge darauf haben, ob die Serie auch irgendwann bei uns gezeigt wird.
8 Tage
Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass in nur 8 Tagen ein Asteroid auf der Erde einschlägt und weite Teile von West-Europa unbewohnbar werden, u.a. auch dein Zuhause?
Die Hauptfiguren in 8 Tage haben da ganz unterschiedliche Vorgehensweisen. Die Ärztin Susanne (Christiane Paul) und ihr Mann Uli (Mark Waschke) versuchen, mit ihren Kindern Leonie (Lena Klenke) und Jonas (Claude Heinrich) nach Russland zu fliehen und lassen sich dafür auf dubiose Schlepper ein. Susannes Bruder Herrmann (Fabian Hinrichs), der in Berlin einen gewissen politischen Einfluss hat, setzt alles daran, um für sich und seine hochschwangere Partnerin Marion (Nora von Waldstätten) einen der hochbegehrten Plätze auf einem Flug in die USA zu ergattern. Klaus (Devid Striesow), der Vater von Leonies Freundin Nora (Louisa-Céline Gaffron), hat vorgesorgt und in seiner Fabrikhalle einen Bunker bauen lassen, wo er Nora gegen ihren Willen eingesperrt hat.
Wenn es nach dem Jubel geht, der auf der Premiere in Berlin zu vernehmen war, wird 8 Tage ein großer Hit. Auch die hochkarätige Besetzung könnte dafür sprechen. Und dass die Serie bereits international verkauft wurde, ist ebenfalls nachvollziehbar, denn sie bringt Elemente mit, die in der Regel gut ankommen, insbesondere Action und – zumindest in den ersten beiden Folgen – deutliche Rollenzuweisungen, vor allem in Bezug auf die „Bösen“. Das kann man mögen. Mir reicht es für eine gute Serie, die ich gerne weitergucke, nicht.
Mit der Frage, die ich einleitend formuliert habe, setzt sich in der Serie, zumindest in den ersten beiden Folgen, nämlich niemand wirklich auseinander. Man ist sofort drin in der Action. Ich hätte es aber spannend gefunden zu sehen, wie die Figuren zu den Entscheidungen kommen, die man nur in der Umsetzung sieht. Vielleicht kommt das noch, vielleicht wird hier noch mit weiteren Flashbacks gearbeitet, wie dies in der zweiten Folge schon kurz der Fall ist. Aber in den ersten beiden Folgen hat es mir gefehlt. Es hat auch nicht geholfen, mir die Figuren sympathischer zu machen, dass ich mehrfach – natürlich leise, aber spontan – „Wie kann man nur so dämlich sein?“ gestöhnt habe.
Ich gebe zu, dass ich schon mit einer gewissen Skepsis in die Vorstellung gegangen bin. Bei der Media Convention Berlin im vergangenen Mai wurde die Serie bereits kurz vorgestellt und auch da hat mich das, was ich gesehen habe, nicht überzeugt. Was mich u.a. sehr genervt hat war, dass diese Serie hinter der Kamera fast nur von Männern gemacht ist. Das wurde natürlich auch bei der Premiere in Berlin sehr deutlich, als das Team nach der Vorstellung auf die Bühne geholt wurde. Dort klang mir dann auch in den Ohren, was Regisseurin Kerstin Polte beim Kickoff der Queer Media Society (dazu später mehr) zwei Tage zuvor sinngemäß gesagt hatte: Warum es denn eigentlich immer so große Produktionen sein müssen und nicht mal mehrere kleine sein können, bei denen es dann mehr Chance auf Vielfalt gibt. Denn sehr vielfältig sahen zumindest die ersten beiden Folgen von 8 Tage für mich leider nicht aus.
8 Tage ist ab dem 1. März bei Sky zu sehen.
False Flag II
Gleich im Anschluss an die Weltpremiere von 8 Tage fand die Premiere der zweiten Staffel der israelischen Serie False Flag statt. Was für ein Kontrast! Kleineres Kino, weniger Mitglieder aus Cast & Crew anwesend – darunter aber u.a. Showrunnerin Maria Feldman und Autorin Leora Kamenetzky – und keine sonstigen prominenten Gesichter im Publikum. Vor allem aber: Eine Serie, die mich in den ersten zwei Folgen schon so in ihren Bann gezogen hat, dass ich wahnsinnig gern sofort weitergeguckt hätte.
Zur Geschichte: Nach einem Bombenanschlag auf eine Ölpipeline zwischen Israel und der Türkei konzentrieren sich die Ermittlungen schnell auf drei Hauptverdächtige: Amir (Yousef Sweid), Anat (Neta Riskin) und Dikla (Moran Rosenblatt). In der Serie geht es jedoch nicht nur um sie, sondern vor allem auch um die Auswirkungen der Ermittlungen und des Verdachts gegen sie auf ihre Familien und Angehörigen: Amirs Lebensgefährtin, die davon ausging, dass ihr Freund auf einer Geschäftsreise in den USA ist; Anats Mann und ihre zwei Kinder, die ihre Frau und Mutter für eine Reiseleiterin halten; und Diklas Mutter, eine orthodoxe Jüdin, die bei einem spontanen Besuch bei ihrer Tochter nicht nur damit konfrontiert wird, dass ihre Tochter verdächtigt wird, eine Terroristin zu sein, sondern dass sie mit einer Frau zusammenlebt. Aber haben die drei Verdächtigen wirklich etwas mit dem Anschlag zu tun? Warum ist Amir geflohen, Dikla aber nicht? Was hat es mit Anats heimlicher Reise nach Moskau auf sich?
Auf all diese Frage hätte ich gern Antworten, und zwar eigentlich sofort. Leider muss ich mich noch gedulden, denn wann ich die Serie in Deutschland sehen kann, habe ich leider nicht erfahren. Da die erste Staffel bei Sky verfügbar ist, hoffe ich sehr, dass dies auch mit der zweiten Staffel so sein wird. Ich möchte nämlich auch unbedingt wissen, wie die Geschichte von Dikla und ihrer Partnerin Jo weitererzählt wird, ob die Serie hier noch in typische Klischees verfällt oder ob man sie deutschen Serienmachern unter die Nase halten und sagen kann „Guck mal, geht doch“.
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Alles in allem waren es spannende Tage in Berlin. Ich habe nicht nur Serien, sondern auch zwei Filme gesehen, die mich aber beide nicht aus dem Kinosessel gehauen haben. Und vor allem fand am 11.2. das Kickoff-Event für die Queer Media Society statt, ein Netzwerk, in dem sich Medienschaffende zusammengefunden haben, um sich für mehr Sichtbarkeit und Vielfalt in den deutschen Medien einzusetzen. Dazu gibt es von mir an anderer Stelle demnächst noch mehr zu lesen.