Wenn die großartige Julie Andrews sich mit der Jim Henson Company und vielen bekannten Künstlern zusammentut, um Kindern etwas über das Theater beizubringen, dann kann das auch für Erwachsene sehr interessant und unterhaltsam sein.
Seit Mitte März ist bei Netflix die Serie Julie’s Greenroom (deutscher Titel: Julies Theaterschule) verfügbar. Julie Andrews spielt Miss Julie, die Besitzerin eines kleinen Theaters, in dem sie u.a. Theaterworkshops für Kinder anbietet. Dabei wird sie von ihrem Assistenten Gus (Giullian Yao Gioiello) unterstützt, der in dem Theater ein bisschen Mädchen für alles ist. Die Teilnehmer ihres Workshops heißen Greenies, nach dem englischen Wort „greenroom“, das den Aufenthaltsbereich der Künstler in einem Theater beschreibt und der Serie den Namen gibt. Das Besondere an ihnen: Sie sind Puppen, die von der Jim Henson Company entworfen wurden, welche als Produktionsfirma der Serie fungiert.
In jeder der insgesamt 13 Folgen kommen ein oder mehrere prominente Gäste zu Besuch, die den Greenies etwas über die verschiedenen Künste beibringen, die im Theater relevant sein können. So lernen sie von Musikerin Sara Bareilles etwas darüber, wie man Songs schreibt, Sänger Josh Groban übt mit ihnen, wie man harmonisch zusammen singt und Schauspielerin Ellie Kemper (Unbreakable Kimmy Schmidt) bringt ihnen Improvisation bei. Daneben spielen u.a. auch das Schreiben, z.B. eines Theaterstücks, Schauspiel, Tanz sowie das Spielen eines Instruments eine Rolle.
Die Greenies lernen jedoch nicht nur etwas über das Theater, sondern auch Lektionen für ihr tägliches Leben, z.B. über Teamwork, das auch manchmal Kompromisse erfordert, wie man mit Enttäuschungen umgeht oder dass man, um etwas Neues zu lernen, manchmal viel üben muss und Geduld braucht. Und noch etwas wird den Greenies und damit auch den kleinen wie großen Zuschauerinnen und Zuschauern vermittelt: Wie vielfältig und unterschiedlich die Menschen sind und dass es deshalb so wichtig ist, dass jede und jeder die Chance erhält, aber auch den Mut hat, ihre bzw. seine eigene Geschichte zu erzählen.
Diese Vielfalt macht sich insbesondere an den Greenies selbst fest, die eine ganz bunt gemischte Truppe sind, was ihre Hautfarbe und Herkunft angeht. Mit Hank gibt es zudem einen Jungen, der im Rollstuhl sitzt, aber lernt, dass er trotzdem Ballett tanzen kann. Und es gibt Riley, ein Kind, das überwiegend geschlechtsneutral dargestellt wird, also weder eindeutig als Junge noch als Mädchen. Emma Walton Hamilton, Julie Andrews‘ Tochter, die die Serie u.a. zusammen mit ihrer Mutter entwickelt hat, hat dazu erklärt, dass dies bewusst so geschehen sei, um die Serie so vielfältig wie möglich zu gestalten. Wenn sie gezwungen wäre, sich festzulegen, sei Riley wohl ein Mädchen – tatsächlich wird das Kind an einigen Stellen ausdrücklich als „sie“ angespochen -, aber vielleicht nicht für immer.
Für die Greenies spielen ihre jeweiligen Unterschiede keine Rolle, im Gegenteil. Sie akzeptieren einander so, wie sie sind, mit all ihren unterschiedlichen Talenten und Eigenarten, unterstützen sich gegenseitig und wachsen so nach und nach als Ensemble zusammen.
Obwohl die Zielgruppe vor allem Kinder und die Figuren und Geschichten entsprechend einfach gehalten sind, ist Julie’s Greenroom auch für Erwachsene sehenswert, gerade wenn sie sich für das Theater und die darstellenden Künste interessieren. Die Figuren sind liebenswert, die Geschichten mit viel Humor erzählt und die Musik, vor allem das Titellied, mitreißend.
Wer kann, sollte die Serie allerdings nach Möglichkeit im Original mit Untertiteln sehen und nicht in der deutschen Synchronversion. Dort sind nämlich nicht nur die Dialoge, sondern leider auch die Lieder übersetzt. Das macht es für Kinder zwar einfacher, der Serie zu folgen. Sängerinnen und Sänger wie Idina Menzel, Sara Bareilles und Josh Groban synchronisiert zu hören ist aber, wenn man deren großartige Stimmen kennt und schätzt, nur schwer zu ertragen und geht eigentlich gar nicht. Und wenn die großartige Julie Andrews, die vor einigen Jahren als Folge eines Arztfehlers fast vollständig ihre Singstimme verlor, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ebenfalls mit einstimmt, dann sollte man das unbedingt im Original hören.